Das Katzen in freier Natur nicht nur Mäuse fangen, ist bekannt. Besonders in den Medien wird ihnen sehr häufig vorgeworfen, dass sie mit als Verursacher für den Rückgang von Singvögeln verantwortlich sind. Sie werden oft und zu unrecht als „Vogel-Killer“ dargestellt. Wer selbst Katzen als Freigänger hält, der weiß, dass Vögel nur einen sehr geringen Anteil ihrer Beute darstellen.

Ich lebe seit 1970 mit Katzen zusammen. Keine dieser Katzen hat in ihrem Leben mehr Vögel als Nagetiere erbeutet. Wer mit Freigänger-Katzen eng zusammenlebt, der bekommt von ihnen Stolz ihre Beute präsentiert, entweder mit viel Gejaule und Gejammer oder heimlich still und leise.

Seit einigen Jahren führe ich eine Strichliste, in der ich die Beute, die meine Katzen mir als Geschenke nach Hause bringen, aufliste. Ausschlaggebend hierfür, war mein damaliger roter Kater „Mietzi“, der in einer verregneten Nacht eine Maus nach der anderen nach Hause brachte und nach jeder Präsentation total durchnässt wieder in die Nacht zog um erneut auf Beutefang zu gehen. In dieser Nacht hatte er 18 Mäuse gefangen.

Das folgende Diagramm zeigt die Verteilung sämtlicher Beutetiere meiner Freigänger-Katzen, in einem Zeitraum von 8 Jahren (2011-2019).
Herausragende Ergebnisse hat meine bereits verstorbene Katze „Larissa“ vorzuweisen, sie lebte leider nur fast zwei Jahre bei mir und fing innerhalb von 18 Monaten 486 Mäuse (97%) und 16 Vögel (3%).

 

Statistisch gesehen haben meine Katzen in diesen 8 Jahren pro Monat 0,5 Vögel und 10,6 Mäuse erbeutet. Zu erwähnen ist, dass ich zu meinen Katzen ein ganz besonderes Verhältnis habe und ich mit Mäusen nahezu täglich überschüttet werde. Bringt die Katze ihre Beute voller Stolz mit nach Hause, ist dies ein Zeichen dafür, dass sie sich in ihrem Zuhause wohl fühlt. Unter der Vielzahl an „Geschenken“, die ich auf der Terrasse oder in der Küche finde, gibt es auch einen Faktor „X“ – es hat sich zwischenzeitlich bei den hier lebenden Krähen und Elstern schnell herumgesprochen, dass bei mir immer mal wieder ein paar schöne und schmackhafte Leckerli zu ergattern sind. Diese von den Krähen und Elstern aufgefressenen Mäuse (meist Spitzmäuse) erscheinen nicht in meiner Statistik. Natürlich gibt es auch eine Dunkelziffer derjenigen Beutetiere, die von den Katzen aufgefressen und nicht mit nach Hause gebracht werden. Dieser Anteil wird aber kaum Einfluss auf die Statistik haben.

Katzen machen bei der Auswahl ihrer Beute keinen Unterschied

Es ist der Katze vollkommen egal, ob sie eine Maus, einen Vogel oder einen Maulwurf erbeutet. Es wird das erbeutet, was sich als Nahrung am einfachsten anbietet. Bringt eine Katze eine Maus oder eine Ratte mit nach Hause, dann neigt der Mensch dazu die Katze zu loben. Schließlich handelt es sich hier um „Schädlinge“, die der Mensch nicht in seinem Umfeld haben möchte. Also wird die Katze für diese Beute gelobt. Bringt die Katze aber einen Vogel mit nach Hause, dann reagiert der Mensch oft ärgerlich und die Katze wird nicht gelobt sondern ausgeschimpft. Natürlich ärgere ich mich auch darüber, wenn meine Katzen mal einen Vogel erbeuten. In der Regel handelt es sich dabei aber um aus dem Nest gefallene Jungtiere, verletzte oder erkrankte, flugunfähige Vögel. Diese Vögel sind für eine Katze natürlich einfacher zu erbeuten. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Katze einen gesunden und flugfähigen Vogel erbeutet, ist sehr gering.

Warum erbeutete Singvögel sich kaum auf deren Bestand auswirken

Sieht man sich die in meinem Diagramm enthaltenen Zahlen der erbeuteten Vögel an, dann werden durch meine drei Katzen statistisch gesehen jeden Monat 0,5 Vögel (pro Tag 0,01 Vögel) erbeutet.
Nun sehen wir uns als Beispiel mal den Greifvogel „Sperber“ (Accipiter nisus) an, ein Beutegreifer, der sich überwiegend von Kleinvögeln ernährt. Der Brutbestand wird in Schleswig-Holstein regelmäßig erfasst und beträgt etwa 1000 Brutpaare. Ein Sperbermännchen ernährt sich überwiegend von Kleinvögeln, wie zum Beispiel Amseln, Meisen und Spatzen. Größere Vögel, wie Tauben oder Elstern, kann nur das größere Weibchen erbeuten. Ein Sperber benötigt zum überleben täglich etwa 3-4 Kleinvögel (das sind bei einem Bestand von 1000 Brutpaaren (2000 Einzelexemplare) ca. 6000-8000 Kleinvögel täglich!!!) Während der Aufzucht der Jungen (Sperber ziehen etwa 4-6 Jungvögel pro Jahr groß) benötigen diese Jungtiere, je nach Entwicklungsstand, ebenfalls 1-3 Kleinvögel täglich. Das bedeutet, dass in der Brut- und Aufzuchtphase noch einmal ca. 1000-3000 Kleinvögel täglich hinzu kommen…

Im Laufe der Evolution hat sich die Natur darauf eingestellt, dass es immer Verluste durch Fressfeinde gibt. Nicht ohne Grund legen Vögel, die nicht am Ende der Nahrungskette stehen, oftmals bis zu 6 Eier. Verluste während der Brut oder Aufzucht sind einkalkuliert und die Arterhaltung dennoch sichergestellt. Allerdings gibt es auch hier einen Faktor „X“ – den Menschen.
Greift der Mensch in die natürlichen Prozesse nachhaltig ein, gerät die Natur aus dem Gleichgewicht. Die Folgen sind nachhaltig und können unterschiedlichste Arten an den Rand der Ausrottung bringen. Das Insektensterben wirkt sich katastrophal auf den Bestand der Singvögel aus. Als Ursache werden leider sehr häufig die Fressfeinde dieser Vögeln aufgeführt und nicht der Mensch. Bei Greifvögeln weiß man, dass sie nur so viele Eier legen, wie es das Nahrungsangebot zulässt. Dadurch wird sichergestellt, dass der Nachwuchs trotz eines knappen Nahrungsvorkommen ausreichend Nahrung erhält.

Ein Beispiel, welche Folgen es hat, wenn der Mensch willkürlich und ohne nachzudenken in die Natur eingreift:
Auf einer Nordseeinsel hat man sich dazu entschlossen, sämtliche dort lebenden Füchse zu töten – oder wie es amtlich heißt – „der Natur entnommen“. Als Grund für diese drastische Maßnahme wurde angegeben, dass der Fuchs die Bestände einiger Bodenbrüter stark gefährden würde und entsprechenden Maßnahmen zum Schutz dieser Tiere zu ergreifen seien. Die Folge war, dass die Zahl der Kaninchen auf dieser Insel innerhalb kürzester Zeit nahezu explodiert ist und sie infolgedessen den Küstenschutz durch das Graben von Löchern und Höhlen gefährden…

2012/2013 wurden in Schleswig-Holstein 5401 Katzen abgeschossen

[Quelle]

Um das Töten von Hauskatzen zu rechtfertigen, werden immer wieder Katzen für den Rückgang diverser Vogelarten verantwortlich gemacht.
Der Sperber wird nicht erwähnt – er ist ja gesetzlich geschützt – und die eigentlichen Gründe, die für den Rückgang der Kleinvogelbestände verantwortlich sind, werden bewusst ignoriert. Stattdessen werden bei uns in Schleswig-Holstein täglich etwa 15 Katzen erschossen, durch Lebendfallen oder Totfallen (Schlageisen) getötet und verschwinden spurlos. Katzen sind gesetzlich nicht geschützt und dürfen von Jägern bejagt, gefangen und getötet werden. Erst wenn  sich Katzen weiter als 200m von besiedelten Flächen (Grundstücken) entfernen, gelten sie als „wildernde“ Katzen und dürfen legal geschossen und gefangen werden.